Leipziger Volkszeitung, 5.3.24 - Interview

#1 von arivle , 05.03.2024 20:03

Kultur in Leipzig

Howard Carpendale vor Konzert in der Arena Leipzig im Interview

Im Mai in der Arena

„Schubladen wegdenken“: Howard Carpendale vor Konzert in Leipzig im Interview


Howard Carpendale geht wieder auf Tour – am 15. Mai tritt er in Leipzig auf. Im Interview spricht er über seine Sorgen über den Zustand der Welt und sein Musical, das in Leipzig Premiere feiern soll.

Christian Neffe 05.03.2024, 16:01 Uhr

Leipzig. Mit seinem neuen Album „Let’s Do It Again“ geht Howard Carpendale im Frühjahr auf Tour. Am 15. Mai tritt er in der Arena Leipzig auf. Im Interview spricht der gebürtige Südafrikaner über seine Abneigung gegen Genres, seine Sorgen über den Zustand der Welt und sein Musical, das im November in Leipzig Premiere feiern soll.

Auf Instagram haben Sie kürzlich geschrieben, die Show sei zu 90 Prozent fertig. Was ist mit den restlichen zehn Prozent?

Ich will, dass man auf meinen Konzerten – und dieses Wort, „Konzert“, ist mir sehr wichtig – nicht den Eindruck bekommt, wir spielen einfach nur eine Liste von 25 Songs runter. Mein Ziel war immer, eine Show mit vielen Ansagen, vielen Reden über die Welt, in der wir leben, zu machen, und ich habe nach 23 Tourneen gemerkt, dass die Leute auch genau das erwarten. Dass sie den Künstler auf der Bühne besser kennenlernen wollen. Für die erste Hälfte der neuen Show haben wir schon ein sehr gutes Programm zusammenbekommen. Mit der letzten halben Stunde bin ich aber noch nicht ganz zufrieden. Das ist immer wieder ein Problem: Viele Kollegen machen einfach einen Hit nach dem anderen zum Schluss, und vorher hört man Titel, die man nicht so gut kennt. Das ist auch kein Weg. Ich arbeite also noch an den letzten 30 Minuten.

Bei Ihrer letzten Tour hatten Sie eine richtige Big Band dabei. Diesmal auch wieder?

Wenn 15 Mann noch eine Big Band sind, dann ja.

Auf jeden Fall mehr, als bei vielen anderen Shows in der Arena auf der Bühne stehen.

Wir haben diesmal auf Streicher verzichtet, was gut mit Keyboard ersetzbar ist. Ich rede ungern über Kosten, aber Sie wissen, was im Moment los ist in unserer Welt. Mir tut das wahnsinnig leid, aber die Kartenpreise hängen nun mal mit den Kosten der Show zusammen, und die sind explodiert.

Schlager-Genre wird zu breit gefasst

Jüngst haben Sie gesagt, Sie sehen sich nicht als Schlagersänger. Wie würden Sie gern bezeichnet werden?

Am liebsten würde ich all diese Schubladen wegdenken. Solche Begriff erklären zwar, was für eine Musik man macht, aber der Schlager wird da meist als qualitativ weniger gute Musik eingeordnet. Was mich aber am meisten stört, ist, wie breit Schlager gefasst wird. Das ist nicht abfällig gemeint, aber die Amigos und Howard Carpendale liegen schon weit auseinander. Trotzdem läuft beides unter Schlager. Als Udo Jürgens noch gelebt hat, galt seine Musik auch als Schlager. Das find ich nicht gut.

Lesen Sie auch

•Howard Carpendale bekommt ein Musical – Premiere in Leipzig•So war Howard Carpendales Konzert 2022 in der Arena•Wie Howard Carpendale sich immer wieder neu erfindet

Dem Schlager wird oft vorgeworfen, unpolitisch zu sein – Sie aber sind es, sowohl bei Ihren Auftritten als auch in Songs wie jüngst „Was wird nach uns sein“. Ist Ihnen das besonders wichtig?

Ich versuche, das ganze Spektrum an Dingen, die mich interessieren, zu zeigen, und in der heutigen Zeit komme ich ohne politische Aussagen einfach nicht klar. Manche sagen, es sei sehr gefährlich in einer Show über Politik zu sprechen, aber bei uns ist es einer von vielen Höhepunkten und eher ein emotionaler Appell. Die ganze Welt befindet sich in einem schwierigen Zustand, und einfach darüber hinwegzugehen, wäre nicht gut.

In „Was wird nach uns sein“ geht es darum, wie wir unseren Kindern die Welt hinterlassen.

Ich fühle mich nicht wohl bei dem Gedanken, die Welt irgendwann zu verlassen in dem Zustand, in dem sie sich heute befindet. Das habe ich mir nicht für meine letzten Jahre gewünscht.

Sorgen über US-Wahl

Was kann und muss Kunst und Musik in diesen Zeiten leisten?

Für mich ist es ein gutes Konzert, wenn man es geschafft hat, die Leute in eine gute Stimmung zu versetzen und über wichtige Dinge zu reden und zu singen. Vielleicht auch über eine verlorene Liebe. Nach wie vor ist Liebe ein wichtiges Thema, da hören die Menschen zu. Ich habe ein Lied im Programm, da weint die halbe Halle, wenn ich es singe.

Welches?

„Du bist doch noch hier“, das ist ein Lied über den Tod. Mir geht’s nicht darum, die Menschen zum Weinen zu bringen, aber nach einem Konzert muss man nach Hause gehen und denken: Ich habe etwas erlebt und werde darüber noch die nächsten Tage nachdenken.

Sie sind 2006 mal Donald Trump auf einem Golfplatz begegnet ...

Das war nur sehr kurz, ich war in einem seiner Clubs, wir saßen nebeneinander, er aß seinen Hamburger und hat kurz ein paar Worte zu mir gesagt.

Was denken Sie über seine mögliche Wiederwahl?

Meine Familie sagt, ich verfolge das viel zu sehr, aber ich denke, Amerika ist der Schlüssel dafür, was in nächster Zeit mit uns passiert. Ich blicke mit viel Skepsis auf diese Wahl, denn es wird keinen guten Ausgang geben. Wenn Biden gewinnt, gibt es fürchterlichen Terror, der 6. Januar 2021 (der Sturm auf das Kapitol in Washington, Anm. d. R.) war nichts dagegen. Und wenn Trump gewinnt, haben wir vier Jahre Trump. Was das bringt, weiß ich nicht, aber dass er sagt: Putin, mach was du willst mit denen, die uns nicht genug Geld zahlen – das hat mich umgehauen.

Wie es um das Musical steht

Für November ist die Premiere des Howard-Carpendale-Musicals hier in der Musikalischen Komödie in Leipzig geplant. Wie ist da der Stand?

Dazu kann ich nur sehr wenig sagen – ich habe mich vor drei Jahren mit Thomas Hermanns getroffen, der mich fragte, ob er mit meiner Musik ein Musical schreiben könne. Ich sagte: Um Gottes Willen, ich will kein Musical über mein Leben.

Warum nicht?

Nein, ich weiß nicht, das find ich irgendwie... Ich bin aber sehr stolz, dass er sagte: Es geht nicht um dein Leben, es geht nur um deine Musik, weil du die schönsten Texte hast, die ich in der deutschen Musik kenne. Da ich diese Texte nicht selber geschrieben habe, muss ich ihm zustimmen – da sind schon wirklich sehr große Perlen dabei. Aber ich freue mich auf das Musical. Ich habe da keine Verantwortung, sondern setze mich hin, bin Zuschauer und schaue mir an, was Herr Hermanns da gemacht hab. Und ich freue mich wahnsinnig, dass die Premiere in Leipzig stattfindet. Meine Karriere im Osten ist immer sehr kurz gekommen.

Zur Person

Howard Carpendale wurde 1946 in Durban in Südafrika geboren. 1966 zog er nach England und feierte 1969 mit einem deutschen Cover eines Beatles-Songs seinen ersten musikalischen Erfolg. Seit 2007 stieg er mit all seinen Alben in die Top 10 der deutschen Charts ein. 1963 war Carpendale südafrikanischer Meister im Kugelstoßen, spielte in Deutschland Rugby und fuhr kurzzeitig in der Formel 3.

Im Netz findet man Überschriften von „Howard Carpendale hört auf“ bis „Ich höre nicht auf“. Was denn nun?

Es ist schwer, solch eine Message loszuwerden, wenn das Wort „letzte“ in einem Satz vorkommt. Es ist mein letztes Album, mit meinen Live-Shows hat das aber überhaupt nichts zu tun. Diese Tournee geht weiter. Und was ich danach gerne machen möchte, das war immer mein Traum: nicht in den großen Arenen aufzutreten, sondern Säle für 3000 bis 4000 Menschen zu mieten und die Art von Konzerten zu machen, die mir am allerliebsten sind, wo man nämlich sehr nah am Publikum ist. Bevor wir also in eine Arena gehen, lieber drei mal in einer 3000er-Halle.

Info: Howard Carpendale tritt am 15. Mai in der Arena Leipzig auf, Beginn 20 Uhr. Karten gibt es ab 79,90 Euro in der Ticketgalerie im LVZ-Foyers (Peterssteinweg 19) oder Barthels Hof (Hainstraße 1) sowie unter www.ticketgalerie.de.

LVZ


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RE: Leipziger Volkszeitung, 5.3.24 - Interview

#2 von arivle , 08.03.2024 13:42

Auf den Punkt gebrachtes Statement von Schlagerprofis:

👉👉
https://schlagerprofis.de/howard-carpend...u-weit-gefasst/


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